guido sauer, o.t. (2025)
johannes mohn, blau-variationen (2023)
1. Farbschönheit
Was einem sofort ins auge sticht in guido sauers bild ist dieses blau. Ein blau, das einen anspringt, festhält und lange nicht loslässt.
Nun ist blau an sich eine gefährlich gefällige farbe. Aber hier ist es nicht das so gefallsüchtige, leuchtende, „reine“ blau wie bei georg trakl.
Es ist vielmehr ein verhaltenes, ja sogar mattes blau mit einem stich ins lila. Und es hat, wie alle farbflächen in diesem bild, eine maserung, welche die farben
pastos macht.
Warum es trotzdem heraussticht und – in meinen augen- leuchtet? Das liegt vor allem daran, dass es von farbflächen in blassen grau- und brauntönen umgeben ist. Sie
erst verleihen dem blau einen glanz, den es an sich nicht hätte.
Eine feine, großartige komposition des fotografen also, der es gekonnt ins bild gesetzt hat.
Ganz anders das blau in dem bild von johannes mohn- ein bild, das sich auf eine ganz andere art einprägt.
Die blauen rechtecke in der mitte des bildes leuchten auch ohne jeden kontrast. Eine variation von blautönen auf einer klaviatur, auf der das licht spielt. Ähnlich
wie in sauers bild sind die fabflächen von einer wellenartigen maserung durchzogen.
Da ist noch etwas, das den besonderen charme dieser farbflächen ausmacht: einerseits der starke kontrast zu dem dunklen mosaik der blauflächen im oberen drittel;
andererseits wie die leuchtenden farben nach unten sich auflösen und im dunklen verfließen- als wäre das bild zu nahe an eine hitzequelle gekommen.
2. Formschönheit
Guido sauers bild besticht auch durch seine klare formensprache: große rechtecksformen gegenüber kleineren dreiecken. Das dominierende blaufeld vereint beides: ein nicht ganz ausgeführtes dreieck unten und ein großes trapez im oberen teil. Eine daumenartige form schiebt sich zwischen die beiden. Ein genialer einfall, der, glaube ich, die formale spannung in diesem bild auf die spitze treibt.
Johannes mohns bild hat nicht diese klare formensprache wie das bild von sauer. Aber es hat dennoch eine schöne formensprache. Es ist dieses amorphe zerfließen des so stark geometrischen farbmosaiks, das mit dem verfließen der farben einhergeht.
3. Der schöne raum
Da ist schließlich noch etwas anderes, das für mich den reiz dieser bilder ausmacht: Sie sind das ergebnis der verwandlung eines architektonischen raums in bildraum.
Guido sauers sild stammt aus dem kunstmuseum basel, dem erweiterungsbau der architekten christ + gantenbein, johannes mohns bild aus der kapelle von wilhelm huber im donautal.
Guido sauer hält sich vornehmlich in museen moderner kunst auf, in baden-baden, basel oder etwa im vitra-museum in weil am rhein. Ich nehme an, dass ihn die großartigen räume dieser museen mindestens genauso interessieren wie die werke der dort ausgestellten künstler. Seine fotografische kunst besteht darin, dass er diesen an sich schon kunstvollen räumen mit seiner kamera ungeheuer malerische bilder abgewinnt. Seine bilder sind jedoch keineswegs „abbild“ dieser so großartigen architektonischen räume. Sie sind ganz eigene und eigenständige werke von einer großen farblichen schönheit und formalen strenge. Bilder, in denen durch den standort, die perspektive und den ausschnitt die räumliche dimension getilgt wurde, in denen sich der architektonische raum in einen reinen bildraum verwandelt hat.
Johannes mohn hat den 7 kapellen am kapellenweg im donautal eine ganze foto-serie gewidmet. Die 7 kapellen sind ungewöhnliche architektonische kleinode sieben verschiedener zeitgenössischer architekten. Johannes mohn interessiert sich nicht so sehr für die architektur oder location der kapellen, sondern für ihr interieur und das licht.
Auch in seinem bild „blau-variationen“ ist fast jede räumliche spur verschwunden. Der architektonische raum ist zu einem reinen farbraum geworden. Nur mehr form und farbe. Genauso wie guido sauers bild ist es eine ganz eigene und eigenständige schöpfung. Ich habe die kapelle von wilhelm huber gesehen: man betritt die kapelle durch eine schwere tür und steht mit einem mal in einem in blaues licht getauchten raum. Ein wunderbarer raum, wunderbares licht, das von einem lichtschacht oben an der decke kommt. Aber johannes mohns bild ist etwas ganz anderes als dieses licht und auch die blauen glasfenster.
Es ist malerei, reine foto- und farbkunst.
w.marin