pseudo lascaux I

am anfang war das wort. Und die bilder?

 

Wozu die bilder? Ich stelle mir vor, der mensch in dieser zeit (19000 – 30000 v.chr.)lebt im grunde nicht anders als wir. Er arbeitet/jagt, nützt seine freie zeit/schläft, sucht einen partner/pflanzt sich fort. Dazwischen braucht er etwas zerstreuung, luftholen, gespräche/malt er in den höhlen von lascaux.

 

Wozu? Er vergewissert sich dessen was er hat, was ihm wichtig ist, was er liebt. Tiere, schlachtszenen, geheimnistragende zeichen. Diese wunderbaren tierzeichnungen tragen die ganze liebe, bewunderung und achtung, zu denen ein mensch, der seine tiere liebt, fähig ist. Es sind beschwörende malereien/bilder. Bilder, die die bewunderung für die schönheit dieser tiere aufheben: sie von ihrem natürlichen ambiente in einen geschützten raum, in die höhle, in der malerei auf-heben. Für immer. Der anfang der kunst. Bis zu ihrem ende. Picasso hat recht: nach ihnen ist nichts neues mehr erfunden worden.

 

 

 

Pseudo lascaux

 

Seit einigen jahrzehnten hat man erkannt, dass der größte feind der jahrtausende alten bilder der mensch ist, bzw. der atem, sein atem. aber auch das, was er ausatmet mit seinen kleidern, transpiration usw.. Also hat man die höhle komplett neu aufgebaut und ihre wunderbaren malereien rekonstruiert. Einmal. Aber bereits pseudo lascaux 1 musste komplett renoviert werden. Inzwischen gibt es ein pseudo lascaux 2, das in vieler hinsicht authentischer ist als das original. Hier kann der besucher die malerei/die kunst besser und genauer sehen als im original. Und er bekommt dazu alle audivisuellen und interaktiven Hilfsmittel, welche die moderne technik bietet.

 

 

 

Lascaux und die würde des menschen

 

Man kann es so sehen: Wir zeitgenossen und moderne menschen: die krone der schöpfung, 3-d-drucker menschen/götter, die neugeburt des menschen im zeichen des logarithmus. Der glanz des 21. Jahrhunderts.

 

Lascaux und die frühen menschen erscheinen in diesem glanzlicht dann als der ur-sprung, als der beginn einer menschwerdung, als die orale phase einer frühen kindheit: schön, naiv aber undendlich weit weg.

 

Die stationen unserer heldengeschichte: griechenland, renaissance, moderne. Aristoteles, leonardo, descartes, kant, bill gates.

 

Man kann es aber  auch anders sehen: lascaux als die geburt des modernen menschen, also dessen, den wir heute als unseren unmittelbaren vorfahren sehen, als unsern nächsten, unser gegenüber. Als den, der aufrecht geht, der mit würde geht, der einen begriff vom dasein hat und von der schönheit. Die große menschwerdung findet also nicht erst um 1500 oder 1789 statt, sondern um 20000 v.chr.

 

Der neandertaler lacht nicht, spielt nicht und malt auch nicht. Er kämpft ums überleben, wie alle anderen tiere auch.

 

Plötzlich, vielleicht durch ein mildes klima oder in einer günstigen region, steht er auf, nimmt nicht nur einen stein, der vor ihm liegt, sondern denkt sich einen anderen aus, eine andere form, die noch besser für den schlag geeignet ist. Und plötzlich lächelt er über seine erfindung, aus freude vielleicht- könnte sein. Und mit einem mal hat er eine zukunft (wenn er den stein so bearbeitet haben wird), einen horizont, freut er sich auf das morgen und sieht, wie die tage vergehen und sieht auch bald den nahen tod. Und er bekommt ein anderes gefühl für sein da-sein, für sein jetzt. Einen anderen blick auch für die tiere, für ihre schönheit. Ein anderes bewusstsein. So sehr, dass er sich ein bild von den tieren und den anderen dingen (des lebens) machen will. Und er fängt an zu malen. Will diese schönheit bannen, beschwören, aufheben.

 

Und jetzt- behauptet georges bataille, also 20000 v.chr. , wird in den höhlen von lascaux der eigentliche, der mensch mit würde, geboren.

 

Das glaube ich auch.

 

 

 

eine fortsetzung lascaux II ist auch als gastbeitrag bei meinem fotokünstler kollegen geri baretti auf https://www.24notes.de/#fotografie erschienen